George Jackson

George Jackson wurde am 23. September 1941 in Chicago USA geboren. Mit 18 Jahren wurde er für angebliche Beteiligung bei einem Tankstellenüberfall, welcher 70 Dollar erbrachte, verurteilt. Das Gericht gab ihm eine unbestimmte Haftstrafe von einem Jahr bis Lebenslänglich. Er wurde jedoch niemals entlassen, stattdessen studierte er im Gefängnis revolutionäre Literatur und schloss sich der Black Panther Party an. Zusätzlich gründete er die Gefängnisorganisation Black Guerrilla Family (BGF). Er kam zu einer beträchtlichen Berühmtheit durch die Veröffentlichung seiner zwei Bücher: "Soledad Brother. The Prison Letters of George Jackson" und "Blood in my Eye", welche die Wut, Frustrierung und Entschlossenheit der Zeit ausdrücken. Am 21. August 1971 kam es zu einem Gefängnisaufstand in dessen Verlauf es zu mehreren Toten kam, Bruder-Genosse George Jackson wurde von einem Wachmann in den Rücken geschossen und starb, die genauen Umstände sind bis heute ungeklärt. Bei seiner Beerdigung erwiesen ihm 1200 Menschen die letzte Ehre.

Brief von George aus dem Gefängniss an seinen Vater ("Soledad Brother. The Prison Letters of George Jackson") :

 

28. Mai 1967

 Lieber Robert,

ich bin in letzter Zeit ein braver Junge gewesen: freundlich, höflich,

versöhnlich. Allerdings weiß ich nicht, ob das viel nützt, da die Leute

Freundlichkeit unweigerlich mit Schwäche verwechseln. Ich kann mir

einfach nicht vorstellen, wie jemand es fertigbringt, distanziert und

selbstzufrieden zu sein und gleichzeitig gesellschaftliche Kontakte,

egal auf welchem Niveau, aufrechtzuerhalten. Ich wundere mich längst

nicht mehr darüber, finde aber die allgemeine Verbreitung und unbe-

kümmerte Anwendung der schlechteren Errungenschaften westlicher

Kultur beunruhigend. Spionierende, schnüffelnde, schizophrene,

herrschsüchtige, neurotische Typen bedrängen Euch von allen Seiten.

Sie befinden sich in einem Zustand der Dauererregung, stets bereit,

eine Wahnsinnshandlung zu begehen! Der Kapitalismus, d. h. das

Kapitalschlagen aus der Arbeit und der Schwäche des Nächsten, hat,

glaube ich, viel zur Entwicklung des anomalen »westlichen Menschen«

beigetragen. Kapitalismus, Wettbewerb, Kampf aller gegen alle um

die Lebensnotwendigkeiten, um Statussymbole, um Macht um seine

Konkurrenten zu verdrängen und so sein persönliches Wohlergehen zu

sichern, um sein Ego und seine Laune auszuleben. Ich kann mich einfach

nicht an diese kleinlichen, stereotypen, irgendwie geistesgestörten

Bürokraten gewöhnen, die mir Fragen stellen und von mir Erklärungen

verlangen. Sonderbar und tragisch, wieviel Verlogenheit sich während

der letzten Generationen entwickelt hat.

Laß Dir ein paar Sekunden dieses Beispiel durch den Kopf gehen:

Ein Kolonisierer, ein Ausbeuter, Dieb und Mörder aus niedrigen

Beweggründen, Kidnapper und Sklaventreiber, Kanonen-, Bomben-

und Giftgasfabrikant, ein egozentrischer, doppelzüngiger Schmarotzer

— ein Auswurf der Menschheit also — will uns weismachen, wir

müßten nach seiner Pfeife tanzen, seinem Vorbild nacheifern, sonst

seien wir rückständig, unterentwickelt, ungebildet! Sind das nicht

seltsame Widersprüche?

Ich bin tief traurig, daß ich je gelogen, gestohlen und betrogen habe

—hauptsächlich, weil es so sehr westlichen Methoden'entspricht.

Augenscheinlich ist man mir deswegen böse. Diese Privilegien sind

wohl ihnen allein vorbehalten. Aber warum verlangen sie dann, daß

wir zu ihnen überlaufen und wie sie sein sollen, daß wir den Kapita-

lismus annehmen und westliche Kleidung tragen sollen? Das klingt

seltsam und widersprüchlich. Wenn wir, die Farbigen und Schwarzen

der Welt, den Kapitalismus annähmen, wo sollten wir dann unsere

Kolonien suchen, in Europa oder in den USA? Wen würden wir aus-

beuten, wenn wir ihre Geschichte als Muster benutzten? Sie!! Wen

würden wir kidnappen, ermorden, lynchen, versklaven und dann

vernachlässigen? Also, was meinen sie mit ihrem »Seid wie wir«? Ich

glaube nicht an ihre Aufrichtigkeit. Ich glaube, es ist nur ein neuer

Trick, um uns zu verwirren, und die wahre Bedeutung ihres »Tu wie

ich« ist »Tu, was ich befehle«. Nach 1770 wollten sich die Europäer in

Nordamerika von den Europäern in England lösen. Sie nannten es einen

Befreiungskampf. Nun sind wir People of color in den USA in der gleichen

Lage, und sie nennen es »Subversion«, »Verantwortungslosigkeit«,

etc. Ich spreche nicht mehr mit ihnen. Ich gehe meinen Weg und hoffe

nur, in Ruhe gelassen zu werden.

George

George Jackson / San Quentin from Freedom Archives on Vimeo.

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